Donnerstag, 11. März 2010

"Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern macht sichtbar." P Klee


Der Betrachter ist mit der Aussage des Künstlers Paul Klee aufgerufen, sich zu fragen:
"Was sehe ich".
Die Bildobjekte von Gerhard Schlüter zeigen Rasterflächen, die aus einzelnen verschiedenfarbigen Bildelementen, meist Quadraten, zusammengesetzt sind. Die Oberflächen der Bildelemente weisen unterschiedliche Feinstrukturen auf. Sie sind erhaben, geritzt, gequollen, glattgeschliffen, glänzend, matt, sandig, uneben und anderes mehr.

Gehen Sie selbst auf Entdeckungsreise!
Die Farbpalette reicht von weiß bis schwarz, von pastellener bis zu intensiver Farbigkeit, die unifarben oder in verschiedenen Farbabstufungen changiert. Der Farbauftrag ist unterschiedlich, lasierend oder pastös, als Einzelfarbauftrag oder in vielen Farbschichtungen.
Die Quadrate, jedes mit individueller Beschaffenheit, fügt Gerhard Schlüter flächig oder reliefartig zum harmonisch kunstvollem Bildobjekt zusammen. Er erzielt damit eine tektonische Wirkung, die an Städtebauliche architektonische oder landschaftliche Strukturen erinnert.


Da gegenständliche Motive nicht auszumachen sind, bleibt Freiraum, sich zu Assoziationen anregen zu lassen und über Begriffe der eigenen Erfahrungwelt ins Gespräch zu kommen. Vielleicht über Paul Klee, der oft Landschaft in geometrischen Strukturen darstellte, oder über Farbharmonien, über Patchwork, Neuzeitliche Kirchenfenster (Bild Farbmeditation), Webteppiche des Bauhauses (Bilder: Tartan) Farbflächenmalerei von Mondrian, Intarsien, Schachbrettmuster oder Ähnliches.

Eine Parallele der Bildobjekte von Gerhard Schlüter zu den Bildelementen digitaler Medien, dem Pixel, ist sichtbar und auch an den Titeln, Pixel gestört, Pixel groß, etc. ablesbar. Dies ist eine weitere Möglichkeit in den Dialog mit Gerhard Schlüter und seine Arbeiten zu treten.

Die quadratischen Pictureelements (Pixel) in Gerhard Schlüters Bildobjekten besitzen, im Gegensatz zu den Pixeln der digitalen Medien, alle eine eigene stoffliche Qualität, die individuelle Energie sichtbar macht, welche während des Schaffensprozesses hineingegeben wurde und als solche erhalten bleibt. Es sind Relikte tätiger menschlicher Energie, die sich künstlerisch und handwerklich ins Sinnliche eines Materials ausdrückt.


Vielleicht stellen sie die Frage, um was für ein Material, es sich bei den künstlerischen Arbeiten handelt. Die Qualität der Oberflächen erinnert zum Teil an Keramiken oder Sandbilder, was Gerhard Schlüter durch die Verwendung und Anmischung der Farben und Farbpigmente erreicht. Mit spitzem Gegenstand ausgeführte "Verletzungen" der Malfläche, die aufquellen und mit weiteren Farbschichten versehen werden, erzeugen eine feine räumliche Dimension.


Gerhard Schlüter verwendet für seine Bildobjekte MDF-, OSB-, Sperrholz- oder Spanplatten. Diese werden in mehreren Arbeitsgängen mit selbst hergestellten Farben gespachtelt und geschliffen. Verwendung finden ausschließlich wasserlösliche Farben, wie Acryl, Gouachen, Eitempera oder Kaseinfarben. Die Farben werden mit Hydrolacken und Beizen aus dem Tischlerhandwerk weiterentwickelt. Auf diese Weise gelangt Gerhard Schlüter zu neuen Farb- und Oberflächenwirkungen, womit er die Illusion einer eigenen Stofflichkeit erzeugt. Die bemalten Platten werden, zum Beispiel in Vierecke, zerschnitten und zu neuen Farbkompositionen gestaltet. Die einzelnen Bildelemente werden schließlich in handwerklich hochwertiger und materialgerechter Weise zum Bildobjekt zusammengefügt.


Besonders spannend im Kontrast zu der Stofflichkeit dieser Bildobjekte, stehen die Bildobjekte mit dem Titel "Tätigkeitnachweis, in denen Gerhard Schlüter vorgefundenes Holz, zum Beispiel aus alten Türzargen, Verhauen, Türen und Möbeln verarbeitet. Das "entwertete" Material setzt er im Kontext seiner künstlerischen Arbeit neu zusammen und führt es dadurch einer Neubewertung zu, deren homogen morbider Charakter uns mit der Schönheit des Vergänglichen konfrontiert. Der Bezug zu gewachsenen räumlichen Strukturen einer Stadtlandschaft lässt sich herstellen.


Gerhard Schlüter studierte in den 70er Jahren Kunst und absolvierte danach eine Ausbildung zum Tischlermeister. Das fachliche Wissen aus seinen beiden Ausbildungen bildet den reichen Fundus, aus dem er bei der Erarbeitung seiner Bildobjekte schöpft.
Die enge Verflechtung der handwerklichen Arbeit und der künstlerischen Arbeit, finden in den Verwebungen der Holzquadrate und Farbtöne, die Gerhard Schlüter als Farbwebtechnik bezeichnet, ihre visuelle Entsprechung.

Ich wünsche Ihnen einen anregenden Austausch mit dem Künstler.



Copyright: Wilfriede Ehrenheim, freie Autorin, Frankfurt im November 2009